Dinslakener Geschichte: 1273


Verleihung der Stadtrechte
 
Im Jahr 1273 ist Dinslaken vom Grafen Dietrich von Kleve zur Stadt erhoben worden, in etwa zeitgleich mit mehreren anderen klevischen Städten. Darüber ist eine Urkunde ausgestellt worden, die leider die Zeiten nicht überdauert hat. Vermutlich um 1460 haben die Bürger der Stadt Dinslaken in erstarkendem Selbstbewusstsein ein Stadtbuch angelegt, ein sogenanntes Kopiar. Bis zum Jahr 1689 wurden hierin alle wichtigen Urkunden abgeschrieben. Dadurch ist uns eine Bestätigung der Stadtprivilegien vom 2. August 1273 in einer Urkundenabschrift aus dem Jahr 1342 erhalten. Im Kopiar ist der Text in Latein und in Mittelhochdeutsch aufgeschrieben. Wir stellen hier die mittelhochdeutsche Übersetzung vor, wie sie Anneliese Triller 1959 veröffentlicht hat.

Eine Abbildung aus dem kostbaren Kopiar, das heute im Stadtarchiv Dinslaken aufbewahrt wird, vermittelt einen Eindruck von der Schönheit der Handschrift.

1342, August 3, Samstag nach St. Petri Kettenfest

Was im Folgenden niedergeschrieben steht, ist das älteste Privileg der Stadt Dinslaken. Es heißt: Die Handfeste. Sie wurde der Stadt Dinslaken von Graf Dietrich von der Mark (offensichtlicher Irrtum des Schreibers, es muss Graf Dietrich von Kleve lauten) im Jahr 1273 verliehen und gegeben und steht im Kopiar als Abschrift und erneute Bestätigung auf den Seiten 160 und 161. Aus dem Mittelhochdeutschen ist die Urkunde hier ins Deutsche übersetzt. Dasselbe Privileg steht, in Lateinisch geschrieben, weiter hinten im Kopiar. Es beginnt mit den Worten: Nos Theodericus Comes Cliv ensis etc. In nomine patris et filii et spiritus sancti amen.

Wir, Dietrich Graf zu Kleve, machen allen, die diese vorliegende Urkunde sehen oder verlesen hören, bekannt, dass wir unseren in Dinslaken ansässigen oder zuziehenden Bürgern, die rechtmäßig aufgenommen wurden, folgende Freiheiten gegeben haben und geben:

Wenn einer von ihnen stirbt, soll der nächste Erbe die Erbschaft ohne jemandes Widerspruch antreten. Wenn aber kein rechtmäßiger Erbe vorhanden ist, soll die Erbschaft ein Jahr und sechs Wochen lang von unserem Drosten und den Amtsleuten in Obhut genommen werden, bis ein Verwandter in dieser Frist erscheint und sich als rechtmäßiger Erbe ausweist. Wenn aber innerhalb der genannten Frist kein rechtmäßiger Erbe erscheint, so soll das Erbteil dem Grafen zufallen.

Weiter verfügen wir: Wenn jemand freitags, samstags, sonntags oder an einem Heiligenfeste einem anderen waffenlos Gewalt antut, soll er dem Grafen 27 Schillinge nach der Stadtwährung der Stadt Dinslaken zahlen. Wenn aber jemand einem anderen an gewöhnlichen, eben nicht genannten Tagen Gewalt antut, so soll er 3 Schillinge bezahlen.

Wer an diesen gewöhnlichen Tagen jemanden mit einem Schwert oder einer Lanze verwundet, ohne seine Hände und Füße zu lähmen, der soll dem Grafen 27 Schillinge zahlen. Geschieht es aber an den oben erwähnten Tagen, nämlich am Freitag, Samstag, Sonntag oder an Heiligenfesten, so soll er 100 Schillinge bezahlen.

Wer einen anderen mit einer verbotenen Waffe, einem Stock oder einem Messer, verwundet, der hat die Todesstrafe verdient, und die Hälfte seines Gutes soll dem Grafen zufallen.

Wenn jemand dem anderen eine Hand oder einen Fuß abschlägt oder ihn totschlägt, so soll er dieselbe Strafe erleiden, und die Hälfte seines Gutes soll zu Gunsten des Grafen eingezogen werden.

Ferner setzen wir fest und gebieten, dass niemand in unserem Lande die Bürger festnehmen oder ihr Gut beschlagnahmen darf. Wenn jemand Ansprüche an einen Bürger hat, so soll er in die genannte Stadt Dinslaken kommen und dort von ihm das Bürgerrecht fordern. Wenn aber jemand sie außerhalb unseres Landes zu beeinträchtigen und zu belästigen wagt, so werden wir ihnen eifrig zu Hilfe kommen mit unserer Fürsprache, um ihnen Genugtuung zu verschaffen.

Des weiteren befreien wir alle Güter, die die Bürger der oben genannten Stadt über Land führen, von allen uns zustehenden Zöllen. Auch die Güter, die sie auf dem Wasserwege in ihre Stadt bringen, ob sie dieselben nun dort oder an anderen Orten unserer Herrschaft und in der Grafschaft Kleve verbrauchen oder verzehren wollen, befreien wir von allen uns zustehenden Zöllen. Ebenfalls befreien wir sie von allen Marktzöllen innerhalb unserer Länder.

Weiter schenken wir ihnen die bei der Stadt gelegenen Wasserläufe und Weiden mit dem Bruche, unter Vorbehalt aller uns und unseren Erben darin zustehenden landesherrlichen Rechten, dem sogenannten Wildbann.
Weiter erlassen wir ihnen den kleinen Zehnt.

Außerdem sollen alle Menschen, die jetzt in der Stadt Dinslaken wohnen, welchen Standes sie auch sind, ob Unfreie oder Schützlinge, auf ewig frei sein. Wir bestimmen weiter und gebieten, daß die vorgenannte Stadt keinen als Mitbürger aufnehmen darf, der uns oder unseren Burgleuten oder unseren Vasallen in irgendeiner Weise verpflichtet ist, es sei denn mit unserer oder unserer Getreuen ausdrücklichen Einwilligung und Erlaubnis.

Weiter erlassen wir den Bürgern alle unrechtmäßige Schatzung.

Deshalb haben sie gelobt, uns in unserem Lande auf eigene Kosten sechs Wochen lang zu dienen, wenn es Not tut, unser Land gegen unsere Feinde zu schützen.
Zur Schwertleite unserer ehelichen Söhne und zur Heirat unserer ehelichen Töchter sind sie verpflichtet, uns eine angemessene Beisteuer zu leisten.

Weiter haben wir angeordnet, dass derjenige, der in dieser Stadt das Bürgerrecht erworben hat, nach Verlauf von einem Jahr und sechs Wochen aus freiem Willen mit seinem Vermögen abziehen oder bleiben kann.

Weiter sollen die Bürger alle Jahre am Feste der Beschneidung unseres lieben Herrn den Bürgermeister und die Schöffen wählen, dazu den von uns gegebenen Richter wählen und einsetzen.

Auch sollen unsere Bürger nicht aus ihrer Stadt in andere Städte gehen, um dort Urteil und Recht zu suchen oder Rechtsauskünfte einzuholen. Das, was unter Beirat zweier unserer edlen Burgleute oder zweier unserer Dienstmannen von edler Geburt als Recht erkannt worden ist, das soll als Recht anerkannt und nicht angefochten werden.

Die Getreuen Dietrich von Monement, Dietrich von Vonderen, Lucas Honepoll, Albert von der Aer, Dietrich Clerck, Hinrich von Hünxe und weiterhin viele andere gute Leute waren anwesend und ausdrücklich als Zeugen gebeten.

So haben wir, Dietrich Graf zu Kleve, in Treu und Glauben alle oben genannten Freiheiten und Privilegien verliehen und gelobt, diese Vergünstigungen unverbrüchlich zu halten. Zum Zeugnis der Wahrheit haben wir in Gegenwart der Ritter unser Siegel an diesen Brief hängen lassen für unsere rechtmäßigen Erben und Nachkommen. Gegeben im Jahre des Herrn 1342 am Samstag nach Sankt Petri Kettenfest.

[Der hier wiedergegebene Text wurde dem Internetauftritt der Stadt Dinslaken entnommen.]