Dinslakener Geschichte: 1822
Im heutigen Ortsteil Hiesfeld wird eine Windmühle errichtet.

 

Die Windmühle in Hiesfeld

Standort: Sterkrader Straße, 46539 Dinslaken – Hiesfeld

Zur Geschichte der Windmühlen

Die Nutzung der Windenergie zur Unterstützung der menschlichen Arbeit mit Hilfe von Windrädern lässt sich bis weit vor der Geburt Christi belegen. Die Beschreibung einer Orgel, die von einem Windrad angetrieben wird, ist die erste dokumentierte Nutzung des Windes für einen Antriebsmechanismus mit einer Windmühle. Sie stammt von dem griechischen Erfinder Heron von Alexandria, der im 1. Jahrhundert nach Christus lebte.

Windmühlen mit horizontal liegender Rotordrehachse sind ab 1180 in Flandern, Südostengland und der Normandie nachgewiesen. Ende des 16. Jahrhunderts kamen in den Niederlanden die Holländerwindmühlen auf, bei denen sich nur die Turmhaube dreht.

Vom Mittelalter bis zum Ende des 18. Jahrhunderts waren Windmühlen in immenser Zahl über ganz Europa verteilt – überall dort, wo der Wind ausreichend wehte.

Nachdem in Preußen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts die Gewerbefreiheit eingeführt wurde, kam es zu einem letzten Aufschwung der Windmühlenindustrie. Mit der Zahl der selbständigen Meister stieg sprunghaft die Anzahl der Windmühlen. Nach Zählungen der Preußischen Regierung waren 1895 im Deutschen Kaiserreich noch 18.362 Windmühlen und 54.529 Wassermühlen in Betrieb, wobei bei den erstgenannten 97 % und bei den zweiten knapp 60 % Getreidemühlen waren. Dem standen damals 58.530 Betriebe gegenüber, die mit Dampfkraft arbeiteten. Die 1785 erstmals erbaute Dampfmaschine setzte sich nur langsam durch. Danach wurde die Konkurrenz erheblich stärker. Da Windmühlen jetzt nicht mehr wirtschaftlich betrieben werden konnten, ging ihre Verbreitung stark zurück. Das so genannte „erste Mühlensterben“ setzte ein.

Während und nach dem Zweiten Weltkrieg erlebten die noch bestehenden Windmühlen eine kurze Blütezeit, da mangels Treibstoff, Elektroenergie und intakten Antriebsmaschinen keine Alternativen bestanden, die benötigten Maschinenleistungen zu erbringen. Dieser Aufschwung ging jedoch in Westdeutschland in den 1950er Jahren vor allem durch das Mühlengesetz zu Ende, indem sich die Müller der unliebsamen Konkurrenz der Windmühlen durch Kopfgeld entledigten („zweites Mühlensterben“).

In den 1980er Jahren entwickelte sich in Westdeutschland eine Restaurierungswelle aufgrund der Wiederentdeckung der alten Kulturtechnik. Viele Windmühlen wurden mit neuem Leben als technisches oder produzierendes Denkmal erweckt. Weitere Nutzungen als Museum, als Restaurant, als Vereinsmühle zur Dorfbilderhaltung oder zu Wohnzwecken wurden umgesetzt. Die dabei geleistete technische Restaurierung war nicht immer korrekt und von vielen Improvisationen getragen, da der Beruf des Windmühlenbauers im Rahmen des Mühlengesetzes in den 1950er Jahren aus der Handwerksrolle gestrichen wurde. Damit verschwand auch das Fachwissen dieses Berufstandes und musste erst wieder mühsam erarbeitet werden.

Die Windmühle in Hiesfeld

Sie ist ein regionalgeschichtliches Denkmal. Die 1822 erbaute Turmwindmühle wurde mit drei Mahlwerken ausgestattet, Unter verschiedene Besitzer war sie als Getreide- und Eichenlohmühle in Betrieb und wichtig für die Gerbereien im Umkreis. Die gemahlene Rinde des Eichenbaumes war einige Zeit nämlich ein wichtiger Grundstoff um Eichenlohe, eine Gerbflüssigkeit, herzustellen.

Genau hundert Jahre lang drehten sich die Flügel im Wind, bis die häufigen Pächterwechsel ein Ende hatten und die Mühle 1922 stillgelegt wurde. Der zunehmende Verfall erlebte einen traurigen Höhepunkt, als 1945 durch Granatbeschuss die Mühlenhaube schwer beschädigt wurde. Doch bereits fünf Jahre später startete der Aktionskreis Dorf Hiesfeld in den Tageszeitung einen Aufruf, das Wahrzeichen des Ortes zu erhalten. Die Initiative hatte Erfolg, die Mühle erhielt neue Flügel, Treppen und sogar elektrisches Licht. 1976 schlossen sich die aktiven Mühlenförderer zu einem Verein zusammen, die Stadt Dinslaken kaufte das Mühlengrundstück im Erbbaurecht.

Mehr als 80 Jahre hat es gedauert, bis in der Hiesfelder Windmühle wieder Korn zu Mehl gemahlen werden konnte.

Dass die Mühle heute wie neu aussieht und sogar funktioniert, ist vor allem den unermüdlichen Bemühungen der Mitglieder des "Fördervereins Windmühle Hiesfeld e.V." zu verdanken. Sie haben mit großem Erfolg Spendengelder gesammelt, um die dringend nötige Renovierung zu ermöglichen.

Über vier Etagen kann man die gesamte Einrichtung dieser Windmühle erkunden. Über die hölzernen Treppen gelangt der Besucher, an riesigen Mühlsteinen vorbei, bis oben in die Spitze der Mühle. Hier kann er die Aussicht auf große Zahnräder und natürlich auf Hiesfeld genießen. Die fast antiken zusammenhängenden Konstruktionen beeindrucken, das technische Verständnis der Erbauer wird deutlich.

Windmühle und noch mehr

Nach der Rettung der vom Verfall bedrohten Windmühle hat der Mühlenverein auch die Sorge um den Erhalt der Hiesfelder Wassermühle mit Nebengebäuden übernommen und in den Räumlichkeiten ein Mühlenmuseum eingerichtet. Hier sind über 60 maßstabgetreue Mühlenmodelle aus aller Welt untergebracht, die weit über Dinslakens Grenzen hinaus Beachtung finden. So sind unter anderem ein Modell der ersten Windkraftanlage der Welt aus Dänemark, ein Mühlennachbau der Legende Don Quichotes und eine horizontale Windmühle aus Afghanistan zu sehen. Natürlich gibt es im Mühlenmuseum auch eine Nachbildung der Hiesfelder Windmühle.

Aber nicht nur Wind- und Wassermühlen zeigt das Museum. Zum Schmunzeln bringen so manchen Besucher das Mühle-Brettspiel mit kleinen Windmühlenfiguren und eine Auswahl an verschiedenen Kaffeemühlen aus vergangenen Tagen.

 Foto: Hiesfelder Windmühle Foto: Hiesfelder Windmühle Grafik Hein Hoppmann: Hiesfelder Windmühle