Dinslakener Geschichte 1948


Die Innenstadt wird aufgeräumt. Der Wiederaufbau Dinslakens beginnt.
 

Das Ende des Krieges vor Augen erlebten die Dinslakener den schwärzesten Tag in der Stadtgeschichte: am 23. März luden hunderte alliierte Flugzeuge in immer neuen Angriffswellen einen Bombenteppich ab. Mehr als 800 Einwohner kamen dabei ums Leben. Das Gesicht der Stadt wurde auf das furchtbarste verwüstet. Schon bald nach der Zerstörung regten sich jedoch fleißige Hände. In der Zeit vor 1948 konnten nur verhältnismäßig wenige Wiederaufbauten gelingen. Dennoch ist gerade für diese Zeit zu vermerken, mit welchem zähen und unermüdlichen Fleiß sich die Bürger der Stadt und ihre Helfer unter den denkbar schwersten Umständen sozusagen mit nackten Händen an die Beseitigung der Trümmer, an die Freimachung der Straßen und an den Wiederaufbau begaben. Der Schadensgrad von 74 % Zerstörung in der Stadt ergab das Bild einer Wüstenei, so dass sich mit der Freimachung der Straßen und der Trümmerräumung bereits ein Gefühl neuer Ordnung einstellte. Trotzdem waren die Wiederaufbauten bis zur Währungsreform nur vereinzelt zu zählen.

Nach dem Bericht des damaligen Beigeordneten Klaus Ewers aus dem Jahre 1955 stieß die Wiederaufbauplanung auf viele Schwierigkeiten. Der Grundbesitz war stark parzelliert und eng verschachtelt. Durch Erbteilungen waren die unterschiedlichsten  Eigentumsverhältnisse entstanden. Eine besondere Erschwerung brachten die Verfahren nach dem Rückerstattungsgesetz in sofern ehemals jüdisches Eigentum von Gesetzes wegen der Rückerstattung unterlag. Diese Verfahren haben z. T. Jahre benötigt, ehe dem Eigentümer wieder Verfügungsfreiheit zustand und damit freie Bahn für die Neuordnung der Grundstücke geschaffen war. Man mag über den zeitlichen Ablauf der Wiederaufbauplanung eine kritische Meinung haben, anerkennend ist jedoch zu erwähnen, dass die erforderlichen Grundstücks-umlegungen zwischen Hauptstraße (heute Friedrich-Ebert-Straße) und Neutorplatz fast ausnahmslos auf freiwilliger Grundlage durchgeführt werden konnten.

Die Wiederaufbauplanung musste auf eine große Zahl von Voraussetzungen gegründet werden, ehe sie rechtsverbindlich festgelegt werden konnte. Im Wesentlichen waren folgende Gesichtspunkte für den Rat- und die Stadtverwaltung maßgebend gewesen:

1.   Entsprechend dem früheren Charakter der Innenstadt entschloss man sich, die gesamte Neustraße und die Duisburger Straße einschl. Altmarkt verhältnismäßig eng und geschlossen zu gestalten, womit ein Zentrum der Geschäftswelt und eine Konzentration bequemer Einkaufsmöglichkeiten gewährleistet wurde. Die Sorge der Stadt bezog sich dabei uneingeschränkt auf all e Anlieger dieser beiden Straßenzüge.

2.   War der Entschluss endgültig, die Neu- und Duisburger Straße verhältnismäßig eng wiederaufzubauen, dann war damit zu rechnen, dass ein Verkehrsproblem eintrat und zu bewältigen war. Man kann sicherlich heute noch nicht sagen, dass es bewältigt ist. Gewonnen wäre aber schon mit der Einsicht, dass beide Straßen in erster Linie für eine gefahrlose und bequeme Benutzung durch den Fußgänger, der das Gros des Käuferpublikums aller Einzelhandelsgeschäfte darstellt, zur Verfügung stehen müssen. Die Regelungen des Endzustandes hängt eng mit dem Erfordernis zusammen, dass die Anlieferung für die Geschäfte der „Neustraße“ seitlich am Rutenwallweg bzw. an der Klosterstraße und ihrer Fortsetzung auf die Bahnstraße zu erfolgt. Darüber hinaus ist es das Ziel der Stadt, durch gelegentliche Durchbrüche auf die Seitenstraßen Verkehr zu- und abzuleiten und das erreichen der Parkplätze zu erleichtern.

3.   Waren die beiden Geschäftsstraßen geschlossen und eng geplant, so musste ein gesundes Gegengewicht geschaffen werden durch die den vollen Verkehr aufnehmende Hauptstraße, die diagonal zu dem Geschäftsstraßenzug verläuft und ihn am Rathaus kreuzt. Dieser Straßenzug beginnt als Hauptstraße am Bahnhof, mündet in die Wiesenstraße am Bergrevieramt ein und folgt dieser bis zum Hochhaus Meyer bzw. als Duisburger Straße bis zum Stadtausgang und zur Einmündung in die B8. In dieser Hinsicht hat der Rat stets unbeirrt die Meinung vertreten, dass dieser Straßenzug als Geschäftsstraße zu bebauen ist, die neben dem fließenden Fahrverkehr vorzüglich für solche Geschäfte geeignet ist, die nach Lage und Raumbedarf an Straßen mit größerer Verkehrsfrequenz richtig angesetzt sind. Vom wiederaufgebauten Bahnhofsgebäude und dem im Frühjahr 1956 fertig werdenden, großzügig ausgestalteten Bahnhofsvorplatz beginnend, wird die Hauptstraße die Innenstadt in nord-südlicher Richtung durchziehen. Vom Bahnhof kommend erreicht hier jeder Besucher schnell das Behörden- und Geschäftszentrum der Stadt, in gleicher Weise wie der Besucher, der mit dem Auto von Süden in die Stadt hinein fährt.

4.   Weitere Schwerpunkte bedeutet schließlich für die Stadtplanung die Ausgestaltung des Altmarktes und des Neutorplatzes. Hier bezieht sich die planerische Konzeption darauf, auf dem Altmarkt möglichst die kath. Pfarrkirche freizulegen und mit einer Neubebauung der Grundstücksinsel Holtbrügge eine ansehnliche Front für den Marktplatz zu gestalten. Auf diese Weise erhält u. a. der Dinslakener Wochenmarkt auf dem alten Marktplatz hoffentlich bald die erforderliche Erweiterung.

Der Neutorplatz wird eine vorzügliche Aufnahmeschleuse für die aus den Stadtteilen Hiesfeld und Lohberg kommende BevöIkerung und soll ringsherum zu einem attraktiven Geschäftszentrum gestaltet werden. Der Neutorplatz wird weiterhin der größte Platz der Stadt bleiben zur Aufnahme von Kirmes- und Zirkusveranstaltungen und alsbald den Blick freigeben auf die imposante Front des Berufsschulgebäudes.

Im Rahmen des Dinslakener Wiederaufbaues wird mit einer Bausumme von ca. 20 Millionen DM für die Innenstadt zu rechnen sein. Vorwiegend wird Einzeleigentum zum Wiederaufbau gelangen, was in voIkswirtschaftlicher Hinsicht wertvoll ist für Mittelstandsbildung und Festigung selbständiger Existenzen, wie sie für eine gesunde Zusammensetzung eines Stadtwesens von Bedeutung sind. Voraussichtlich wird 1958 der Wiederaufbau im Wesentlichen abgeschlossen sein.
 

vgl. Klaus Ewers, Der Wiederaufbau der Dinslakener Innenstadt, Heimatkalender Kreis Dinslaken 1956 S. 131-133

1945 Blick in die Duisburger Straße, im Hintergrund
die kath. Kirche St. Vincentius mit eingestürztem Turm

1945 Blick in die Neustraße

1945 Blick aus Richtung Gaststätte Maas
auf die zerstörte Stadt