Dinslakener Geschichte


Die Friedhöfe
 

Der Friedhof an der St.-Vincentius-Kirche

Bereits vor Erhebung zur selbständige Pfarrgemeinde gehörte zu der damaligen Curatkapelle auch ein Friedhof. Schon früh hatte sich in den christlichen Gemeinden der Brauch gebildet, die Verstorbenen in der Nähe der Märtyrer, das heißt in den Vorhöfen der Kirche zu bestatten. Dieses Areal war von einer Mauer umgeben und bildete den eigentlichen Kirchhof, so wie es auch noch heute bei vielen alten Kirchen zu sehen ist. Die Weihe und Ruhe dieses Bezirks waren unantastbar. Die Mauer, die den Kirchhof von St. Vincentius umgab, hatte drei Eingänge, in denen eiserne Roste lagen, die das Vieh vom Begräbnisplatz abhalten sollten.

Bischöfe, Äbte oder auch angesehene weltliche Stifter durften in der Kirche beigesetzt werden. Die Gräber in der Kirche wurden mit schweren Steinplatten abgedeckt. Solche Grabplatten lagen bis zur Zerstörung gegen Ende des zweiten Weltkrieges auch vor der Vinzenz-Kirche. Ein Zeichen dafür, dass in dieser Kirche Beisetzungen stattgefunden haben. So wissen wir anhand alter Urkunden von einem sogenannten Erbbegräbnis des Rittersitzes Bärenkamp.

Auf dem Friedhof der Vinzenz-Kirche wurden "von jeher Leichen mit allen Confessionen" beerdigt. Der Grund hierfür war, "dass früherhin jede Haußstädte einen Begräbnisplatz darauf hatte, und dass, wenn katholische Wohnungen an protestantische Einwohner verkauft wurden, die dem Haus annexe Begräbnisstelle auf sie überging, und von ihnen genutzt werden konnte, wie es dann auch wirklich geschah."

Jahrhundertelang genügte der kleine, an der Kirche gelegene Friedhof den Ansprüchen der Dinslakener Bürger, obwohl der Raum innerhalb der Mauern knapp war. Dies war allerdings auch nur möglich wegen der sich stets wiederholenden, vorzeitigen Wiederbelegung der Grabstellen. Hinter der Kirche stand ein Beinhaus, also ein Haus, in dem die Gebeine gelagert wurden, wenn es die Weiterbenutzung der Grabstätte erforderte. Auf ersuchen der Stadt sollte das an der Kirche stehende Leichenhäuschen im Jahre 1813 abgebrochen werden, weil es die Kirche entstellte. Die im Beinhäuschen aufbewahrten Gebeine wurden auf der Südseite der Kirche beigesetzt.

1818 wurde das Beerdigen auf diesem Friedhof untersagt. Heute erinnern nur noch die durch einen schmiedeeisernen Zaun eingefriedete Fläche vor dem ehemaligen Ostchor der Vinzenz-Kirche und eine Hinweistafel aus Bronce an den ältesten Friedhof der Stadt Dinslaken.

 

1722: Errichtung des jüdischen Friedhofs

1722 wurde in der Innenstadt, am heutigen Kreisverkehr an der Friedrich-Ebert-Straße, ein Friedhof für die jüdisch Bürger der Stadt errichtet. Beisetzungen fanden hier bis 1920 statt, bevor der Friedhof dann in zwei Schritten 1927 bzw. 1938 aufgegeben wurde. Als Ersatz wurde bereits 1907 von der Synagogengemeinde ein neuer Friedhof errichtet, der Teil des heutigen Parkfriedhofs an der B 8 ist. Die Belegung endete 1938 mit dem Ende jüdischen Lebens in Dinslaken durch Emigration und Deportation.

1818: Der erste Kommunalfriedhof

 Im Jahre 1818 wurde "auf Betreiben des hiesigen Geheimen Kriegs und Landsraths Freyh. von Buggenhagen ... von Regierungswegen das Begrabenwerden in der Stadt untersagt." Bis dahin wurden die verstorbenen Dinslakener Bürger an der Nord-, Ost- und Südseite der Vinzenz-Kirche beigesetzt. Auch nach Verlegung des Friedhofs schwand die Auffassung von der Weihe und Würde dieses Platzes nicht sofort. Hinsichtlich der Verwendung, Veräußerung und Bebauung gab es seinerzeit Sperrvorschriften, die auch beachtet wurden.

Der "neue" Friedhof lag vor den Toren der Stadt, in der Nähe des Neutors. Dieser kommunale Begräbnisplatz reichte aufgrund einer Fehlplanung schon 1890 nicht mehr aus. Der Friedhof lag weder auf einem ausdehnungsfähigen Platz noch hatte man das Anwachsen der Bevölkerung bei der Wahl des Geländes einkalkuliert. Am 16. Mai 1901 wurde der Friedhof für Beerdigungen geschlossen.

1901: Eröffnung des Parkfriedhofs

Aus den vorgenannten Gründen  musste im Westen der Stadt ein neues Begräbnisfeld erschlossen werden, das heute noch vorhanden und benutzt wird: der Friedhof an der B 8. Der bereits vorhandene jüdische Friedhof wurde in die neue Anlage integriert.

Anfang 1899 wandte sich Pfarrer Josef Melcup (1899-1905) an den Stadtrat, um auf dem Gelände des neuen zu errichtenden Friedhof einen eigenen kirchlichen Begräbnisplatz zugestanden zu bekommen. Dieser lehnte das Gesuch aber "im Interesse der Erhaltung des konfessionellen Friedens" ab. Auch die Bemühungen, in der Nähe des kommunalen Friedhofs einen katholischen Begräbnisplatz auf eigene Kosten anzulegen, scheiterten, da der Regierungspräsident hierzu sein Einverständnis verweigerte.

 

VERGESSENE ORTE

Ehrenbestattung in Dinslaken für eine arme Witwe

Birgit Gargitter, NRZ 24.10.2017

Die Mini-Grünanlage an der Ecke Hünxer-/Karl-Heinz-Klingen Straße soll an den alten Friedhof erinnern. Allerdings fehlt hier ein Hinweis. Foto: Veit Ellerbrock

Mit allen Ehren sollte der neue Friedhof vor den Toren der Neustadt eingeweiht werden. Ehrensalven gab es dann auch – für die alte Frau Möllmann.

Ein kleiner Park an der Hans-Böckler-Straße Richtung Hiesfeld gelegen. Irgendwie fehl am Platz wirkend an diesem Ort – fand auch ein Hünxer Ehepaar auf die Frage der NRZ, was sich wohl dahinter verbergen könne? Sie wussten es nicht. Nun, hier wurden einst Dinslakens Bürger bestattet. Beginnend im Jahr 1818. Und nicht nur im kleinen Park, der an den früheren Friedhof erinnern soll, nein, auch auf der anderen Seite der Hans-Böckler-Straße erstreckte sich der einstige Friedhof. Wo genau? Dort, wo heute viele Dinslakener ihr Auto abstellen, auf dem Parkplatz Am Neutor.

Während sich arme Leute zuvor auf den Begräbnisstellen rund um die Kirchen beerdigen ließen, gab es für die vornehmen und reichen Familien das Recht, sich in der Kirche bestatten zu lassen. Auch das Rittergut Bärenkamp, obwohl außerhalb des Pfarrbezirks gelegen, besaß einen Kaufbrief von 1753, der den Herren zu Bärenkamp ermöglichte, innerhalb der Kirchenmauern die letzte Ruhe zu finden. Dieses Erbbegräbnis ließ sich die Kirche jedoch bezahlen.

Als nun 1811 der Landrat von Buggenhagen – der echte, nicht Gästeführer Eduard Sachtje – auf Gut Bärenkamp einzog, verweigerte er die Abgaben. Er ging sogar noch weiter und untersagte den Kirchen, ihre Mitglieder innerhalb der Stadt zu begraben.

Feierliche Einweihung im April 1818

Ein neuer Platz musste her und wurde sehr schnell mit dem städtischen Gelände vor den Toren der Neustadt gefunden. Die feierliche Einweihung des neuen Friedhofes fand am 30. April 1818 statt. Auf die erste Beerdigung aber, die mit großem Pomp gefeiert werden sollte, musste Landrat Buggenhagen noch ein wenig warten. Mit allen militärischen Ehren sollte sie stattfinden. Was er nicht ahnen konnte: die alte Witwe Möllmann aus der Altstadt war es, lutherischer Konfession, die am 26. Mai verstarb und nun als erste auf dem neuen Friedhof beerdigt werden sollte. Mit allen militärischen Ehren.

Das hatte sich die alte Witwe sicherlich auch nicht träumen lassen. Im Leben arm, gestaltete sich wenigstens ihr Tod als großes prunkvolles Ereignis. Der verstorbene Heimatforscher Willi Dittgen hat ihr in seinem Buch „Stationen“ ein Kapitel gewidmet.

 

 

Ansicht vom Friedhof am Neutor, heute ein Parkplatz. Foto: Archiv 

„Am 29. Mai, mittags um 1 Uhr“, so stehe es im Pfarrarchiv verzeichnet, „war eine große Anzahl ausgesuchter Landsturm-Mannschaft auf dem Markt versammelt, um 2 Uhr rückte der Landsturm vor das Sterbehaus, die sämtlichen Pfarrer der Stadt mit der Schuljugend aller Confessionen fanden sich bald nachher gleichfalls allda ein. Auf das Signal gedämpfter Trommelwirbel wurde die Leiche aus dem Haus gebracht: beym Ansichtigwerden derselben von der Landsturm-Mannschaft das Gewehr präsentiert, die Leiche auf den Wagen gesetzt und bis zum Catholischen Kirchhofe gefahren.“

Dinslakener hatten sich mit der Errichtung des Friedhofes keinen Gefallen getan

Nach der Abschiedspredigt ging es zur Predigt an die evangelische Kirche und von dort aus durch die Neustraße zum neuen Friedhof. Natürlich immer mit dem Landsturm an ihrer Seite. Drei Ehrensalven feuerte der Landsturm am Grabe der Witwe Möllmann ab.

Mit der Errichtung des Friedhofes Am Neutor hatten sich die Dinslakener allerdings keinen Gefallen getan. Mit zunehmender Industrialisierung und dem Zuzug vieler Menschen wurde der Friedhof schon bald zu klein, eine Ausdehnung war nicht möglich. Im Jahr 1890 reichte der Platz nicht mehr aus, der neue Friedhof an der B8 entstand. Dort steht übrigens das Grabmal der Familie Rosendahl, ein Überrest des alten Friedhofes.

Das Grabmal Rosendahl. Foto: Archiv

Dort hatte die Familie ein begehbares Grabmal errichtet, das allerdings eingeebnet wurde. Der Stein samt der Gebeine von 32 Ahnen fand Platz auf dem neuen Friedhof.