Persönlichkeiten aus der Stadtgeschichte


Dr. Josef Zorn
(1885 - 1954)
 

Er war Pädagoge, Politiker und Gründer der Volkshochschule Dinslaken. Die Stadt ehrt ihn für seine kulturellen und bildungspolitischen Verdienste, in dem sie im Jahre 2005 den parallel zur Bismarckstraße verlaufenden Weg im Stadtpark nach ihm benannt hat.

Am 1. April 1913 kam der gebürtige Kölner Dr. Josef Zorn als Studienassessor ans Dinslakener Jungen-Realgymnasium (heute Theodor-Heuss-Gymnasium), 1916 wurde er dort Studienrat. Seine Fächer: Deutsch, Geschichte und Erdkunde. 1919 übernahm er den Vorsitz der örtlichen Zentrumspartei, wurde Mitglied im Kreistag und in der Stadtverordnetenversammlung. Kurz danach stellte er in der Stadtverordnetenversammlung bereits den Antrag auf Gründung einer Volkshochschule. Wegen der finanziellen Folgen der Märzunruhen 1920 wurde das Ziel zunächst nicht weiter verfolgt.

Ein Mann des „Zentrums"

1932/1933 wurde Zorn für die Zentrumspartei Mitglied des Reichstages. Der NSDAP trat er nicht bei. Nach dem deutlichen Wahlerfolg der Nazis bei den örtlichen Gemeinderatswahlen im März 1933 gab Dr. Zorn in der Stadtverordnetenversammlung am 5. April 1933 eine Erklärung für die Zentrumsfraktion ab: „Als aufrechte Männer wollen wir mitarbeiten. Aufdrängen werden wir uns nicht, unsere Weltanschauung verleugnen werden wir ebenfalls nicht; denn die Zeit braucht Charaktere, ganze Männer und keine Printenmänner." Wenige Tage später schossen Unbekannte am Zornschen Wohnhaus an der Herderstraße durch die geschlossene Rolllade des Arbeitszimmers auf ihn. Der Einschuss ist heute noch sichtbar. Zorn blieb unverletzt; die anschließende Ermittlung verlief ergebnislos. Nach Aussage seiner Tochter Christa fürchtete sich Zorn in erster Linie vor der Bespitzelung durch einzelne Schüler. Trotz seiner ablehnenden Haltung zum Nationalsozialismus hatte er nicht mit Repressalien im Kollegium zu kämpfen.

Krankenhaus statt Gefängnis

Der Verhaftungswelle („Aktion Gewitter") der braunen Machthaber nach dem 20. Juli 1944 entging er durch einen fingierten Krankenhausaufenthalt: Der Dinslakener Kriminalrat Schmidt sollte Zorn verhaften, benachrichtigte stattdessen jedoch den Zornschen Hausarzt Dr. Schäfer. Der wies Zorn mit Hilfe von Dr. Otto Seidel ins Vinzenz-Hospital ein und erklärte ihn für haftunfähig. Kriminalrat Schmidt unternahm inzwischen pro forma einen Verhaftungsversuch im Wohnhaus der Familie Zorn. Der ebenfalls eingeweihte Kreismedizinalrat Dr. Pfahlhaus bestätigte in seiner Eigenschaft als Amtsarzt zum Schein die Haftunfähigkeit Zorns. Bis Oktober 1944 blieb Zorn im Krankenhaus. Er unterrichtet mehrmals in der Woche Schüler in der Flakstellung am Rubbert, die dort als Helfer eingesetzt waren. Den Angriff auf Dinslaken am 23. März 1945 überlebte der Pädagoge unverletzt. Sein Wohnhaus an der Herderstraße war nach dem Bombenhagel unbewohnbar. Familie Zorn bezog bei Familie Sierp über der Adler-Apotheke vorübergehend eine Wohnung. Zusammen mit Ewald Axer stellte sich Zorn nach dem 24. März 1945 der amerikanisch/britischen Militärkommandantur für den Neuaufbau der städtischen Verwaltung zur Verfügung. Er wurde in Personalunion von den Alliierten benannter Landrat -und Bürgermeister.

Erster Volkshochschul-Leiter

Auf Einladung Konrad Adenauers besuchte er 1946 den CDU-Gründungsparteitag. Als überzeugter Zentrums-Politiker ließ er sich aber nicht zum Beitritt bewegen. Als Landrat rief er auf Anweisung der Alliierten am 16. November 1945 den „Ausschuss für Volksbildung" zwecks Gründung einer Volkshochschule im Kreis Dinslaken ins Leben. Der spätere Leiter der Volkshochschule Willi Dittgen nannte Zorn „Initiator, Gründer und Motor" der VHS, dessen ehrenamtliche Leitung er von 1946 bis zum 31. März 1953 übernahm. Auf politisch motivierten Druck der SPD/ KPD legten die Briten Dr. Zorn den Rücktritt als Landrat und Bürgermeister nahe. Er kam seiner Ablösung durch ein eigenes Rücktrittsgesuch am 4. März 1946 zuvor.

INFO: Für Kultur und Heimat

Als von den Alliierten benannter „Kreiskulturbeauftragter" war Zorn auch Mitglied im Bildungs- und Kulturausschuss; er hatte wesentlichen Anteil am Wiederaufbau des Burgtheaters 1946 und dem kulturellen Neubeginn unter anderem durch die Organisation zahlreicher Konzerte und Theateraufführungen.

Er war Vorsitzender des „Vereins für Heimatkunde und Verkehr" seit 19. Mai 1946. Als Oberstudiendirektor war Dr. Zorn seit dem 1. Oktober 1946 Leiter des Dinslakener Gymnasiums. Er plante das Festprogramm zur 675-Jahr Feier der Stadt Dinslaken 1949. Am 31. April 1950 wurde Zorn pensioniert. 37 Jahre lang hatte er in Dinslaken mehrere Schülergenerationen unterrichtet. 1953 erkrankte Zorn an Magenkrebs, am 4. Juni 1954 starb er in Dinslaken im Alter von 69 Jahren.

Vita

- *2.3.1885, Köln
- Marzellen-Gymnasium, Köln
- 1909 Promotion, Universität Bonn
- 1.4.1913 Studienassessor am Dinslakener Jungen-Realgymnasium, heute THG
- 1916 Studienrat am Dinslakener Jungen-Realgymnasium, heute THG
- 1919 Vorsitz Zentrumspartei, Mitglied im Kreistag und Stadtverordnetenversammlung
- 16.4.1919 Antrag auf Gründung einer Volkshochschule; Konzeption des Veranstaltungsrahmens zusammen mit Julius Kalle; das Gründungsvorhaben konnte wegen der finanziellen Folgen der Märzunruhen 1920 nicht weiter verfolgt werden
- 1932/1933 Reichstagsmitglied für die Zentrumspartei
- Anwesenheit bzw. Abstimmungsverhalten zum Ermächtigungsgesetz 1933 unklar
- nach 1933 weiterhin Studienrat, keine Mitgliedschaft in der NSDAP; die Mitgliedschaft in anderen NS-Organisationen (z.B. NS-Lehrerbund) ist nicht bekannt
- Gestapo-Kartei 1939 bescheinigt dem Pädagogen "einen guten Ruf"; "Eine aktive politische Betätigung gegen den Staat ist ihm nicht zuzutrauen."
- Veröffentlichung im Heimatkalender 1942 zu "Alten Erbhöfen im Kreis Dinslaken" mit zwei Textpassagen in "Blut und Boden" - Diktion
- mit Hilfe Dinslakener Mediziner entgeht er der Verhaftungswelle nach dem 20. Juni 1944 durch einen fingierten Krankenhausaufenthalt
- zusammen mit Ewald Axer stellt sich Dr. Zorn nach dem 24.3.1945 der amerikanischen/britischen Militärkommandantur für den Neuaufbau der städt. Verwaltung zur Verfügung
- 1945/46 in Personalunion von den Alliierten benannter Landrat und Bürgermeister
- 16.11.1945 als Landrat u.a. Initiator und Vorsitz des "Ausschuss für Volksbildung" beim Kreiskulturamt zwecks Gründung einer Volkshochschule
- 15.1.1946 Beginn der ersten VHS-Vortragsreihe
- 1.10.1946 als Oberstudiendirektor Leiter des Dinslakener Gymnasiums trägt er wesentlich zum schnellen Wiederaufbau der Schule bei
- wesentlicher Anteil am Wiederaufbau des Burgtheaters und kulturellen Neubeginn
- Vorsitzender des "Vereins für Heimatkunde und Verkehr"
- Planung des Festprogramms zur 675-Jahr Feier der Stadt Dinslaken
- 30.4.1950 Pensionierung nach 37 Jahren Unterrichtstätigkeit
- + 4.6.1954, Dinslaken