Dinslakener Geschichte 1903 |
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In Dinslaken blüht der Viehhandel Das 19. Jahrhundert brachte für Dinslaken noch keinen Umbruch zur Industriestadt, so wie die Orte in der Nachbarschaft ihn bereits in diesem Jahrhundert erlebten, wohl aber entstand in der Stadt ein erster tragender Wirtschaftszweig. Dieser bildete sich gewissermaßen aus den Traditionen des Markt- und Ackerbürgerstädtchens heraus, denn Dinslaken entwickelte sich zu einem immer bedeutenderen Marktplatz für den Handel mit Vieh. Fast ein Jahrhundert lang prägte und trug dieser Erwerbszweig das Leben in der Stadt, und nach den Jahrzehnten der Not und Kriege sorgte er für einen allmählich wachsenden, wenn auch immer noch recht bescheidenen Lebensstandard. Um die Mitte des Jahrhunderts war man bei fünf Großviehmärkten jährlich angekommen. Ab 1855 wurden die bisherigen Wochen-Viehmärkte durch Monats-Viehmärkte an jedem ersten Montag im Monat ersetzt, ohne auf die Viehmärkte zu Pfingsten und Martini zu verzichten. Auch im weiteren Verlauf des Jahrhunderts konnte die Anzahl der Märkte weiter gesteigert werden. Die Zahl des aufgetriebenen Viehs wuchs ständig. Dinslaken profitierte von seiner Nähe zur Region zwischen Ruhr und Lippe, die im Laufe des 19. Jahrhunderts von den gewaltigen Umstrukturierungen der vorandrängenden Industrialisierung geprägt wurde. Auf der Suche nach Arbeit in den neu gegründeten Zeche, Eisen- und Hüttenbetrieben zogen Tausende von Menschen von außerhalb ins Ruhrgebiet. Mit der immer wieder sprunghaft anwachsenden Bevölkerungszahl entwickelte sich auch ein Verbrauchermarkt, der auf den Dinslakener Viehhandel zurückwirkte. Dinslakens erster wirtschaftlicher Aufschwung hing also mit der Industrialisierung des Ruhrgebiets zusammen, ohne dass die Stadt selbst bereits zum Industriestandort wurde. Über das 19. Jahrhundert bewahrte sich Dinslaken durchaus seinen ländlichen Charakter, auch wenn die Märkte neues Leben in die Stadt brachten. Schlechte Hygiene und ungesundes Wasser Bedeuteten die Viehmärkte für Dinslaken eine Haupterwerbsquelle, so stellten sie aber auch gleichzeitig eine große Belastung für die Bevölkerung dar. Denn der Auftrieb des Viehs war mit ungeheurem Dreck - natürlich auch Lärm und Gestank - verbunden. Die hygienischen Verhältnisse in der Stadt wurden dadurch sehr beeinträchtigt, was vor allem auch das Trinkwasser betraf. Diese Situation hat sicher die Ausbreitung von Epidemien begünstigt, die Dinslaken im 19. Jahrhundert erleiden musste. Die Trinkwasserversorgung hatte für die Dinslakener Bürger immer schon ein Problem dargestellt: Zum einen floss immer brackiges Wasser aus den vertorften Flussarmen des Rotbachs in das Grundwasser, aber auch die Fäkalien versickerten im Boden. Die Bürger holten sich ihr Wasser an den im Stadtgebiet verteilten Pumpen, woran sich auch im 19. Jahrhunderts noch nichts änderte. Solange Dinslaken ein kleines Städtchen blieb, war der Zustand ganz erträglich - auch wenn die Epidemien im Mittelalte6 wohl immer auf die schlechten hygienischen Verhältnisse zurückzuführen waren. Als aber im 19. Jahrhundert die Bevölkerungszahl stark anstieg, neue Gewerbebetriebe mit Abwasser hinzukamen und vor allem die Zahl der Viehmärkte und auch die des aufgetriebenen Viehs sich sehr erhöhte, spitzte sich die Lage zu. Die Fäkalien all dieser Tiere sickerten einfach in den Boden oder gelangten in die Stadtgräben und damit ins Grundwasser. |
NRZ-Foto: Svenja Hanusch Nanofiltration Seit Ende 2009 erfolgt die Trinkwasseraufbereitung im Wasserwerk Löhnen mittels eine Nanofiltrationsanlage, die selbst kleinste Verunreinigungen herausfiltert und so einen besonders hohen Qualitätsstandard des Lebensmittels Wasser sichert.
Im Wasserwerk Löhnen wird das Trinkwasser aufbereitet. NRZ-Foto: Heiko Kempken Klimaneutral Die Gewinnung des Dinslakener Trinkwassers ist dank der Photovoltaikanlage des Wasserwerks Löhnen und dem konsequenten Einsatz von Ökostrom klimaneutral, was bei einem solchen Naturprodukt keine Selbstverständlichkeit ist. Auf dem Dach der Nanofiltrationsanlage erzeugt eine Photovoltaikanlage mit einer Leistung von 125 Kilowatt/peak jährlich über 100.000 Kilowattstunden Strom für den Eigenbedarf. Info: Der Brunnen auf dem Dinslakener Altmarkt erinnert an die Zeit vor der Gründung der Wasserwerke Info: Die letzte verbliebene Pumpe: Die Wöllepump |
Lang War der Weg zum Wasser Birgit Gargitter, NRZ 22.07.2019 1903 wurde das erste Wasserwerk am Stapp in Betrieb genommen. Es versorgte noch nicht alle Burger mit Wasser. Viele wollten lieber ihren Brunnen behalten. Heute sieht’s anders aus. Ein Druck, ein kurzer Dreh - und das Wasser sprudelt klar und rein aus dem Kran. Heute ist es kaum noch denkbar, dass unsere Vorfahren das Wasser noch selbst aus einem Brunnen holten. Und das bei einigen noch bis in die 1960er Jahre hinein. Wasser war und ist auch heute noch ein kostbares Gut. Eine zuverlässige Trinkwasserversorgung und vor allem eine hohe Trinkwasserqualität ist in diesem Land, in dieser Stadt selbstverständlich. Das diese Wasserversorgung jedoch gar nicht so selbstverständlich ist, merken viele Menschen erst dann, wenn sie im Ausland gewesen sind, gerade dort, wo es nicht selbstverständlich ist, dass man Wasser aus dem Kran unbedenklich trinken kann, ohne es vorher abzukochen. Oder in langen Trockenzeiten, wenn es selbst in einigen Gegenden in Deutschland plötzlich heißt: Bitte gehen Sie sparsam mit dem Wasser um, gießen Sie Ihre Gärten nicht mehr oder nur noch sporadisch. Da lohnt es sich, auch einmal einen Blick auf die Dinslakener Wasserversorgung zu werfen, beginnend mit den Ursprüngen. Der Beschluss, ein Wasserwerk zu errichten, ging einher mit der Errichtung des Gaswerkes. Bereits 1894 hatte sich die Stadtverordnetenversammlung für ein Wasserwerk ausgesprochen, doch die Verwirklichung ließ Jahre auf sich warten. Immer Wieder leisteten die Verfechter der alten Brunnennachbarschaften Widerstand. ,,Lat den Buck nit det Waater, un det Waater nit den Buck, denn bliewste gesund. Wej bliewen bej onsere Pomp“, ließ noch 1902 ein Gegner eines Wasserwerkes verlauten. Doch Probebohrungen in der Nähe des Rheins am Stapp hatten einwandfreies Trinkwasser ergeben und so wurde dort ein Maschinenhaus mit zwei motorenbetriebenen Pumpen, eine Brunnenanlage und an der früheren Wasserturmstraße (heute: B8 - Willy-Brand-Straße) ein 35 Meter hoher Wasserturm errichtet. Am 15. März 1903 konnten die Dinslakener erstmals gesundes Trinkwasser aus dem 9000 Meter langen Rohrnetz zapfen.
Info: Der Wasserturm wurde 1958 gesprengt.
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Dieses Wasser war ein kostbares Gut. Einige Leser erinnern sich vielleicht noch an den Umgang mit diesem Elexier - das Badewasser reichte für mehrere Personen und wurde anschließend noch fürs Putzen genutzt. Man ging halt sparsam damit um. Und natürlich hatten bei einer Länge von 9000 Metern Rohrnetz noch nicht wirklich viele Dinslakener einen Wasseranschluss. 1915 erreichte das Wasserleitungsnetz schon eine Länge von 30 Kilometer, die Gasmotoren wurden gegen Elektromotoren eingetauscht. Mit der Eingemeindung Hiesfelds schloss Dinslaken seine Wasserversorgung an das Thyssen’sche Rohrnetz an — das Wasser war billiger. 1923 Wurde das eigene Wasserwerk am Stapp stillgelegt, 1928 war der Wasserverbrauch bereits auf 312.000 Kubikmeter angestiegen, über ein 43 Kilometer langes Rohrnetz wurden 1278 Haushalte versorgt. 1935 wurde aus den Städtischen Gas- und Wasserwerken die Stadtwerke Dinslaken. Eine kurze Wiederbelebung des alten Wasserwerkes fand nach dem Krieg statt, große Teile des Wasserleitungsnetzes waren im Zweiten Weltkrieg zerstört, darunter auch die Hauptzuleitung. 1958 kam es zu Diskussionen über mangelnde Wasserqualität. Denn über die Thyssen’sche Gas- und Wasserwerke wurde uferfiltriertes Rheinwasser bezogen. Und Vater Rhein war damals nicht gerade ein sauberer Fluss. Die Stadt entschloss sich 1960 für den Bau eines eigenen Wasserwerkes in Voerde-Löhnen, die Wasserwerke Dinslaken wurden gegründet. Gebaut wurden eine Gewinnungs- und Aufbereitungsanlage mit 800.000 Liter pro Stunde Förderleistung, neue Transport- und Ringleitungen und ein Erdhochbehälter an der Bergerstraße auf dem Oberlohberg. 1961 gab es schließlich die Premiere — selbst gefördertes Kraneberger von höchster Qualität floss durch das Stadt-Leitungsnetz. Der Bau des Zwischenpumpwerkes Wohnungswald 1977 verbesserte den Wasserdruck, 1988 wurde das Wassergewinnungsgelände Löhnen II erschlossen. Heute gilt das Wasserwerk Löhnen, so Wolfgang Kammann, Pressesprecher der Stadtwerke, als eine der modernsten. Neun Brunnen gibt es in Löhnen mit einer Tiefe von 18 Metern. Es wird ausschließlich reines Grundwasser entnommen, die Fördermenge liegt in diesem Sommer bei 18- bis 19.000 Kubikmeter pro Tag, im Jahresmittel sind es 10- bis 12.000 Kubikmeter täglich. Das Leitungsnetz läuft über 289,4 Kilometer. Sieben Selbstversorger gibt es noch mit eigenem Brunnen.
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